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Eine Begegnung - welcher Art auch immer - sollte im Mittelpunkt einer Gechichte stehen. "Das Treffen" betitelte Autor Tobias Steinfeld daher seine Schreibaufgabe für 12- bis 17-Jährige. Zum Gewinnertext, den du weiter unten lesen kannst, kürte Tobias Steinfeld die Geschichte von Poem (17). Hier sein Kommentar dazu:
Alles was ich weiß, ist, dass ich an einem Tag aussah wie ein Junkie und am nächsten wie der Traum von einem Mann.“ Das ist mein Lieblingssatz in Poems Text. Mir gefällt die direkte, klare und unverblümte Sprache, das trostlose Setting. Bier auf der Parkbank und prügelnde Jugendliche. Durch konkrete Schilderungen schafft Poem es, Gefühle und Bilder zu erzeugen. Und auch die Idee ist originell: Bei einem Treffen denkt man automatisch an zwei verschiedene Personen, die zusammenkommen. Hier aber trifft ein Mensch auf sich selbst: Im Spiegel, mittels Handykamera, durch die Augen eines Freundes. Am Ende weiß ich dann auch nicht mehr als die Hauptfigur: Was ist eigentlich passiert? Und warum? Aber wahrscheinlich ist das meistens so, wenn ein Junkie und ein Traum von einem Mann aufeinandertreffen.
Ich hockte auf einer Bank und trank ein paar Bier, während Jugendliche sich auf der anderen Straßenseite prügelten. Ich beschloss, mich auf den Heimweg zu machen. Ich nahm meinen Rucksack und stand gelassen auf. Als ich vor meiner Wohnungstür stand, hoffte ich noch etwas im Kühlschrank zu finden, doch außer ein paar Oliven fand ich nichts. "Scheiße, Sonntag", flüsterte ich. "Egal." Es war schon 22 Uhr, also beschloss ich zu schlafen. Am nächsten Morgen kam ich nur schwer aus dem Bett. Verschlafen stand ich nun im Bad, kurz duschen und einkaufen. Nach dem Duschen stellte ich mich vor den Spiegel, wie benommen blickte ich mir in meine so fremden Augen.
Das war nicht ich im Spiegel, aber wer stand da? Ich rieb mir die Augen, komisch, da war immer noch dieser Mann mit Vollbart, der Vollbart, den ich mir immer schon gewünscht habe. Diese Augen, ein schönes Blau, aber meine Augen waren braun, dazu hellbraune Haare, gebunden zu einem Dutt. Ich packte mir ins Gesicht, das war ich. Aber warum sah ich so aus, so gut? Was war gestern passiert? Egal, einkaufen! Ich zog mir Klamotten an und ging zum Supermarkt. Als ich durch die Gassen ging, traf ich einen Freund, ich dachte, er würde mich nicht erkennen, ich sah ja komplett anders aus. Doch er lief direkt auf mich zu, streckte seine Hand aus und schaute erwartungsvoll auf meine. Ich gab ihm einen zögerlichen Check. "Hat sich an mir nichts verändert?", fragte ich, doch er schüttelte den Kopf. Wie erstarrt schaute ich in meine Handykamera. Das war nicht ich! Ich konnte es mir nicht erklären und um ehrlich zu sein, kann ich's heute auch nicht. Alles, was ich weiß ist, dass ich an einem Tag aussah wie ein Junkie und am nächsten Tag wie der Traum von einem Mann. Der Mann, dem ich seit diesem Tag im Spiegel gegenüberstehe, wird mir nie so gut bekommen.
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